Von Eleonore Barbara Maria Gräfin Cratz von Scharfenstein zu Queen Elizabeth II (Teil 1) und Prinz Philip, Herzog von Edinburgh (Teil 2)
Der Förderkreis Kiedricher Geschichts- und Kulturzeugen e.V. hatte eingeladen und etwa 45 Interessierte kamen: Anne Linke-Diefenbach und Jürgen Haas führten durch eine reich bebilderte Zeitreise über vier Jahrhunderte.
Die Zeitreise begann mitten im 30-jährigen Krieg mit der Geburt der Eleonore Barbara Maria Gräfin Cratz von Scharffenstein im Jahr 1629 zu Mainz. Ihr Vater Johann Philipp Graf Cratz von Scharffenstein war ein erfolgreicher, aber auch sehr schillernder Militär, der als Tillys Protegé zunächst für die katholische Liga mehr als 10 Jahre zahlreiche Schlachten bestritt; Wallenstein allerdings mochte ihn nicht. Im Laufe der Kriegsjahre kam es zum Zerwürfnis: Cratz von Scharffenstein wechselte schließlich im Jahr 1632 die Fronten und lief im Zuge einer Verschwörung zur protestantischen Union über, wurde als schwedischer Feldmarschall zwei Jahre später gefangen genommen und in Wien 1635 als Hochverräter enthauptet. Eleonore Barbara, so wird angenommen, wuchs bei ihrer Mutter, der böhmischen Adligen Eleonore Anna Colonna von Fels auf. In den Annalen wird die junge Gräfin erst wieder 1654 erwähnt, als sie sich mit Johann August Graf zu Solms-Rödelheim vermählte. Das Paar lebte überwiegend auf Schloss Rödelheim (nahe Frankfurt/Main). Dreizehn Kinder wurden im Jahresabstand geboren, die beiden ersten verstarben bereits im Säuglingsalter. Die Gräfin Eleonora, soll, so berichtete eine Zeitzeugin nach der Entbindung von Zwillingen 1657 „bißweilen nicht recht bei Sinnen“ und zeitweilig dem Schwachsinn verfallen sein, so habe sie ein junges Hoffräulein misshandelt und u.a. ihren Gatten mit dem Messer bedroht (so in den Erinnerungen der Johanna Petersen zu lesen) Anne Linke-Diefenbach meinte dazu, es habe sich dabei wohl eher um ein Postnatales Trauma gehalten, zumal man nicht wisse, was die Gräfin als Kind und junges Mädchen alles erlebt und erfahren habe. Wenige Monate vor ihrem Mann starb Eleonore Barbara Cratz von Scharffenstein im Jahr 1680.
Der Sohn, Graf Ludwig Heinrich zu Solms-Rödelheim *1664 trat die Erbfolge an, seine jüngste Tochter Katharina Polyxena*1702 heiratete in das Haus Leiningen-Dagsburg ein. Zwei Töchter aus dieser Verbindung mit Christian Karl Reinhard Graf von Leiningen-Dagsburg, es sind die durchaus vermögenden Schwestern Karoline Felicitas und Maria Luise Albertine, deren Nachfahren Queen Elizabeth II. einerseits und der kürzlich verstorbene Prinzgemahl Philip andererseits sind: Der 1. Teil des Vortrags des Vortrags führt zu Queen Elizabeth II.: Karoline Felicitas *1734 heiratete in das Haus Nassau Usingen ein, ihre Tochter Karoline Polyxene *1762 gilt mit ihrer Heirat in das Haus Hessen-Kassel und Rumpenheim als Stammmutter des Hauses Hessen-Kassel. Mit der Vermählung ihrer Tochter Augusta von Hessen Kassel *1797 im Jahr 1818 mit Adolph Friedrich von Großbritannien, Herzog von Cambridge, dem 7. Sohn des britischen Königs Georg III. erfolgt die direkte Bindung an das britische Königshaus. |
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Karoline Felicitas |
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Maria Luise Albertine |
Die jüngste Tochter des Duke und der Duchess of Cambridge, Prinzessin Mary Adelaide *1833 entsprach so gar nicht dem Schönheitsideal jener Zeit: Ausgesprochen stattlich und ohne großes Vermögen, war sie mit 30 Jahren noch immer nicht verheiratet, schlug aber Heiratsanträge aus, bis sie ihren Traumprinzen in Gestalt des nicht ganz ebenbürtigen Herzogs Franz Paul Karl von Teck fand.
Obwohl arrangiert durch Queen Victoria, galt die Ehe als glücklich und erfolgreich. Weniger erfolgreich war das Paar in finanziellen Dingen: Trotz jährlicher Apanage und Landsitz machte das Herzogspaar Schulden über Schulden, musste sogar in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts vor seinen Gläubigern fliehen und für zwei Jahre England Richtung Kontinent verlassen. Zurückgekehrt -möglicherweise etwas geläutert- widmete sich das Paar wohltätigen Zwecken.
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Prinzessin Mary Adelaide |
Die älteste Tochter Prinzessin Mary von Teck *1867 heiratete mit George, dem Herzog von York, den späteren König George V. So wurde Mary von Teck, Enkelin einer nicht standesgemäßen Verbindung als Queen Mary Kaiserin von Indien! Kürzlich wirklich bekannt wurde das traurige Schicksal des jüngsten Sohnes, Prinz John: Der Junge litt an Epilepsie, wurde abseits und abgeschottet von der königlichen Familie untergebracht; er starb im Alter von 13 Jahren.
Queen Mary selbst litt dem Vernehmen nach an Kleptomanie: Wenn ihr die Dinge, die ihr gefielen, nicht geschenkt wurden, klaute sie diese. Ein speziell eingesetzter Diener soll sie bei Einkäufen begleitet haben und diskret die königlichen Diebstähle erledigt haben, so berichtete es der Tagesspiegel im Januar 2004. |
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Queen Mary im Jahr 1911 als Kaiserin von Indien und 1927 mit ihrer Enkelin der heutigen Queen Elizabeth II. |
Der 2. Teil des Vortrags führte zunächst zurück ins 18. Jahrhundert zu Maria Luise Albertine zu Leiningen – Dagsburg * 1729. Seit ihrer Heirat mit Georg Wilhelm Landgraf von Hessen – Darmstadt residierte sie in Darmstadt. Der Neffe des Landgrafen , Ludwig I. von Hessen-Darmstadt verliebte sich in seine blutjunge Kusine Luise Henriette Karoline von Hessen-Darmstadt *1761, Tochter der gebürtigen Maria Luise Albertine von Leiningen-Dagsburg. Die junge Prinzessin wurde durch Heirat die erste Großherzogin von Hessen und bei Rhein. Die Ehe ihres Sohnes, Ludwig, II. von Hessen und bei Rhein * 1777 mit der badischen Prinzessin Wilhelmine Luise galt nach der Geburt der ersten drei Kinder als zerrüttet: Ludwig II. war kein Kind von Traurigkeit. Wohl wegen seiner zahlreichen Affären lebte das Paar nur noch sporadisch zusammen. Die Großherzogin Wilhelmine „revanchierte“ sich ihrerseits, indem sie mit dem Baron August von Senarclens eine langjährige Beziehung unterhielt. Ihre letzt geborenen vier Kinder, darunter Alexander und Marie sollen aus dieser Beziehung stammen, der Großherzog erkannte sie allerdings als seine eigenen an.
Der Sohn Alexander, Prinz von Hessen *1823 verliebte sich während seiner Zeit in russischen Diensten in die Hofdame seiner Schwester, Gräfin Julia Hauke. Diese Verbindung galt als nicht standesgemäß; Alexander musste Moskau verlassen. Gleichwohl traf er sich mit Julia in Breslau (zu dem Zeitpunkt bereits von ihm schwanger) und heiratete sie 1851.
Die Gräfin Hauke wurde von Alexanders Bruder, dem Großherzog Ludwig III., in den Fürstenstand derer von Battenberg erhoben. Sie nannte sich nie Fürstin, sondern Prinzessin von Battenberg. Damit waren die Battenbergs als adlige Familie „geboren“. Sohn Ludwig Alexander *1854 trat in britische Dienste, er war Marineoffizier und nannte sich fortan Louis Mountbatten, Marquess of Milford Haven.
Seiner Ehe mit Prinzessin Viktoria von Hessen und bei Rhein, einer Enkelin von Queen Victoria, entstammte Prinzessin Victoria Alice Elizabeth Julia Marie von Battenberg, Lady Alice Mountbatten *1885. Queen Victoria soll höchstpersönlich über ihre Geburt gewacht haben! Alice entwickelte sich nicht wie gewünscht. Schließlich stellte ein Ohrenarzt fest, dass sie vollständig taub ist. Die kleine Prinzessin lernte mit ihrer Gehörlosigkeit umgehen: Sie lernte die Worte, die sie nie gehört hatte, von den Lippen ihrer Gegenüber abzulesen und -das ist das Unglaubliche- selbst zu formen. Nicht nur auf Englisch, sondern auch auf Deutsch, Griechisch und Französisch konnte Prinzessin Alice bald sprechen.
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Queen Victoria mit Tochter, Enkelin und Urenkelin |
Mit 17 Jahren lernt sie Andreas Prinz von Griechenland und Dänemark kennen. Das junge Paar heiratet und lebt, soweit es die Umstände erlauben in Griechenland oder im Exil- (Balkankrieg)-, bekommt vier Töchter. Die Verhältnisse werden immer schwieriger und immer prekärer. 1921 -zurück in Griechenland- wird auf Korfu das Nesthäkchen Prinz Philip geboren, möglicherweise ein Versuch, die Ehe noch zu retten. Ein Jahr später, 1922, muss die Familie erneut das Land verlassen! Man findet Unterschlupf bei Verwandten bzw. lebt unter ärmlichsten Verhältnissen im Exil in Paris. Andreas von Griechenland verlässt die Familie und zieht mit seiner Geliebten nach Monte Carlo. 1930 erleidet Prinzessin Alice einen Nervenzusammenbruch und wird die nächsten 7 Jahre -zwangseingewiesen- in Kliniken und Sanatorien verbringen. Die Diagnosen gehen von Schizophrenie über Wahnvorstellungen bis hin zu sexueller Frustration. „Aus heutiger Sicht wäre da sicherlich anders diagnostiziert worden,“ so Anne Linke-Diefenbach. „Es lohnt sich, das bewegte Leben dieser Frau näher zu beleuchten, sprengt allerdings hier den Rahmen,…“ |
Prinzessin Alice von Battenberg |
Prinz Philip, der kleine Sohn, kommt im Lauf der Jahre bei verschiedenen Verwandten unter, sein Vater weigert sich, ihn aufzunehmen. Schließlich lernt er als britischer Offizier Prinzessin Elizabeth kennen. Das Paar heiratet 1947. Mit der Heirat wird er zum Herzog von Edinburgh ernannt, seit 1953 Prinzgemahl von Queen Elizabeth II. |
Queen Elizabeth II. und Prinz Philip, Herzog von Edinburgh |
So schließt sich der Kreis, beide die Queen und der Herzog von Edinburgh sind direkte Nachkommen der Gräfin Eleonore Barbara Maria Cratz von Scharfenstein, verehelichte Gräfin zu Solms-Rödelheim.
Aber nicht nur sie, sondern zu ihren Nachkommen zählen König Felipe von Spanien, König Philippe von Belgien, Großherzog Henri von Luxemburg, Königin Margrethe II von Dänemark, König Willem-Alexander der Niederlande, König Harald V. von Norwegen, König Carl XVI Gustaf von Schweden, (Exkönig Constantine II. von Griechenland und Kaiser Wilhelm II.), um nur einige zu nennen!
Bildnachweise/Quellen Fotos/Quellen:
1 Gemeinfrei https://www.findagrave.com/memorial/44487365/karoline-felicitas-von_nassau-usingen
2 Gemeinfrei https://commons.wikimedia.org/wiki/File:MLA_Hessen-Darmstadt.JPG
3 Gemeinfrei http://www.royaltyguide.nl/images-families/welfen/hannover3/1833%20Mary%20Adelaide.jpg
5 https://www.flickr.com/photos/mrsfujita/2884834476
7 Gemeinfrei https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Princess_Alice_of_Battenberg.jpg
8 Gemeinfrei https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%B6nung_von_Elisabeth_II.#/media/Datei:Elizabeth_II_&_Philip_after_Coronation.JPG)