Baugeschichte der evangelischen Gustav-Adolf-Kirche
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Unter den zahlreichen Bauwerken, die das über 1000 Jahre alte Kiedrich aufzuweisen hat, fällt eines besonders durch seinen neuzeitlichen Stil ins Auge. Es ist die evangelische Gustav-Adolf-Kirche, die auf einer Anhöhe im südwestlichen Teil Kiedrichs einen würdigen Abschluss der Aulgasse bildet. |
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Abb. 1 Gustav-Adolf Kirche Ansicht vom Erbacher Weg
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Abb. 2 Eingang zur Kirche Ansicht vom Fliederweg |
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Von Pfarrer Erich Ufer aus der FESTSCHRIFT zum 25Jährigen Jubiläum der Gustav-Adolf-Kirche. (kursive Anmerkungen - W. Kremer)
Warum eine eigene Kirche in Kiedrich? Ist es notwendig, dass eine kleine evangelische Gemeinde von etwa vierhundert Seelen ein eigenes Gotteshaus erhält? Gibt es nicht genug Kirchen im Land? Und gibt es in ihnen nicht genug leere Plätze? Warum all der Aufwand und die Anstrengungen, die zwangsläufig mit der Verwirklichung eines solchen Projektes verbunden sind? Gibt es nicht andere Lösungen des Problems, evtl. durch Kirchenbusse? Oder sollte man das Geld, das für einen Kirchbau ausgegeben werden muss, für andere Zwecke verwenden? Für Sozialeinrichtungen? Für die Dritte Welt? Diese Fragen sind berechtigt. Und auch der Schreiber dieses Berichtes (Pfr. Ufer) hat sie sich vielfach gestellt, hat sich ihnen gestellt. Und sie müssen beantwortet werden. Das soll hier in aller Kürze geschehen. Fangen wir beim Kirchenbau an. Er ist sicher eine Notlösung in bestimmten Notsituationen. Kirchen werden für Jahrhunderte gebaut. Rechnet man die Ausgaben für Anschaffung, Unterhalt und Betrieb von Kirchenbussen für diese Zeiträume zusammen, so werden sie nicht billiger als die für einen Kirchenbau. Da drängt sich mir als altem Campingfreund ein Vergleich auf: mit dem Wohnwagen fahre ich auch auf ein Urlaubsziel zu, auf das ich mich freue, aber beides, Wagen und Ziel, können mir mein eigenes Heim nicht ersetzen. So ergeht es einer rechten Gemeinde mit ihrer eigenen Kirche. Und ob die Benutzung eines Kirchenbusses mehr für Diakonie und Mission einbringt als "Benutzung" einer eigenen Kirche, das scheint mir mehr als fraglich zu sein. Oder: Geben Gemeinden, die kein gottesdienstliches Heim gebaut haben, das ersparte Geld zusätzlich für den Hunger in der Dritten Welt aus? Sicher nicht, denn gerade in der Versammlung der Gläubigen unter dem Wort werden Herz und Hände aufgetan, um Nöte bei uns und in der Welt zu lindem. Die gestellten Fragen und die Antworten auf sie betreffen jedoch nicht den Kernpunkt der Frage, warum bauen Christen Kirchen. Kann es ohne sie keine rechte Glaubensausübung geben? Sicher kann es diese überall geben. "Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen" spricht Jesus. Und das gilt. Auf den Missionsfeldern der weiten Welt und auf dem Missionsfeld, zu dem unser Land geworden ist. Wer weiß das nicht besser als der Schreiber dieses Berichtes, der in langjähriger russischer Gefangenschaft in Kasachstan und im Ural in Elends- und Krankenbaracken, die wahrlich keine Kirchen oder Kapellen waren, den TBC- und Amöbenruhrkranken trotz größter Widerstände das Evangelium bezeugen durfte. Warum Kirchen? Seit es Christen gibt haben sie Gemeinschaft gesucht und gefunden, Gemeinschaft unter Wort und Sakrament, Gemeinschaft mit ihrem erhöhten Herrn und Gemeinschaft untereinander. Dazu und dafür bauten sie Häuser, Gotteshäuser. Nicht nur Häuser bauen, in denen sie und ihre Kinder irdische Heimstatt fanden, sondern auch Häuser, die der Verehrung und Anbetung des heiligen Gottes in Jesus Christus dienen sollten. Wo sie unter Wort und Sakrament die tröstende und stärkende Gegenwart ihres Herrn erfahren durften und wo sie mit Lob und Dank, Bitte und Fürbitte darauf antworten konnten. Das macht die Ehr-Würdigkeit der Gotteshäuser aus. Und dadurch will eine Kirche im Land Dokumentation der Existenz einer christlichen Gemeinde am Ort und Proklamation des Anspruches, An-Sprechens Gottes an seine Kinder in dieser Welt sein, das vernommen und beantwortet werden will. Solche und ähnliche Gedanken bewegten nach dem zweiten Weltkrieg auch die Herzen der Evangelischen in Kiedrich, die sich zum größten Teil aus Heimatvertriebenen und Flüchtlingen zusammensetzten. Darum erfüllte sie der verständliche und vertretbare Wunsch in einem eigenen Gotteshaus ihre Gottesdienste feiern zu können. Aber wie konnte man den Wunsch in die Tat umsetzen? Bauen kostet Geld, viel Geld. Und das fehlte unseren Kiedrichern. Man wandte sich an die zuständige Kirchenleitung in Darmstadt. Schon am 1. 11.1954 schrieb der damalige Pfarrer mit Bezug auf die Notwendigkeit eines Baues: "Das Vorhaben ist als sehr dringlich anzusehen". Andere Eingaben folgten. Allerdings ohne den gewünschten Erfolg. Die Gesamtkirche war in ihren Bauausgaben für die neu entstehenden Ballungsgebiete überbeansprucht. Die eigene Gemeinde war selbstverständlich bereit, Opfer zu bringen. Ihre Möglichkeit stieß dabei auf Grenzen. Im Kampf um den Aufbau einer eigenen Existenz und Schaffung von Wohnraum lasteten große Bürden und Schulden auf ihnen. Trotzdem hatten sie mitgeholfen, daß in der Gesamtgemeinde für deren Bauaufgaben in neun Jahren (1954 - 1962) die Summe von fast 60.000,— DM gesammelt werden konnte. Für die Durchführung eigener Wünsche stand man wie vor einem hohen Berg, der den Weg versperrte. Wer kann helfen, die benötigten Mittel bereitzustellen, zu spenden, zu stiften?
Reformatorische Anfänge Bevor wir uns jedoch dem eigentlichen Bau dieser Kirche zuwenden, wollen wir auf das geschichtliche Geschehen hinweisen, das die Voraussetzungen dazu schuf: die Reformation Martin Luthers und ihre Ausbreitung in fast allen deutschen Landen. Es ging ihr um eine geistliche und kirchliche Erneuerung, nach der überall eine tiefe Sehnsucht existierte. Die Reformation hatte aber auch zu Entwicklungen mit beigetragen, die auf eine Änderung sozialer und politischer Verhältnisse abzielten. Sie führten zu den blutigen Bauernkriegen in den Jahren 1524/25. Auch die Bauern des Rheingaus erhoben sich 1525 und forderten auf ihrer Zusammenkunft auf der Wachholderheide, der alten Versammlungsstätte der Rheingauer, nicht weit entfernt von Kiedrich, in ihren 31 Artikeln an erster Stelle die freie Wahl von Predigern für ihre Gemeinden. Sie sollen "sonder Furcht und Bezwang die rechte evangelische Wahrheit sagen und dem gemeinen Volk mit Treuen vorhalten, dadurch der christliche Glaube gemehrt werde". Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass schon 1460 der Mainzer Dompfarrer Johann von Wesel auf der Wachholderheide gegen die kirchlichen Missstände seiner Zeit gepredigt hatte. Erstarb 1481 in der Inquisitionshaft in Mainz. Etwa 60 Jahre später hielt der lutherisch gesinnte Hof- und Domprediger Caspar Hedio aus Mainz ebenfalls dort unter freiem Himmel seine eindringliche evangelische Predigt über Joh. 6: Jesus ist das Brot des Lebens. Caspar Hedio wurde einer der Väter der Reformation im süddeutschen Raum und nahm 1529 mit Luther, Melanchthon und Zwingli am Marburger Religionsgespräch teil.
Hoffnung und Enttäuschung Doch kehren wir zu den Bauern des Rheingaues zurück, die am 2. Mai 1525 auf die Wachholderheide gezogen waren, um dort ihre Forderungen zu erheben. Unter dem Druck der bewaffneten "Aufrührer" nahm das Domkapitel in Mainz die Artikel der Bauern an und der Weg war frei für eine reformatorische Neugestaltung des kirchlichen und politischen Lebens im Rheingau. Aber es kam ganz anders. Im Süden Deutschlands wurden die Aufstände blutig niedergeschlagen und der Rheingau aufgefordert, sich dem siegreichen Schwäbischen Bund zu ergeben. Angesichts der Zwecklosigkeit eines Widerstandes ergaben sich die Rheingauer. Sie verloren viele ihrer alten Freiheiten, die Artikel der Bauern wurden für null und nichtig erklärt, evangelische Prediger und Glaubensausübung verboten, 15000 Gulden mussten als Strafe an den Schwäbischen Bund und 2400 Gulden an den Landesherrn bezahlt werden. Neun "Rädelsführer" wurden in Eltville enthauptet. (keine Kiedricher) Das erste Kapitel einer evangelischen Bewegung im Rheingau endete in einer Katastrophe. Fast 300 Jahre blieb er ein rein katholisches Land.
Ein "Intermezzo" Von einem kurzen "Intermezzo" während dieser Zeit soll aber auch berichtet werden. Im dreißigjährigen Krieg ernannte der Schwedenkönig Gustav Adolf, als er den Rheingau besetzt hatte und im eroberten Mainz Hof hielt, den evangelischen Adligen Johann Nikolaus von Stockheim zum Statthalter (Vicedom) des Rheingaus und der schwedische Reichskanzler Oxenstierna richtete im Kloster Eberbach seine Kanzlei ein. Versuche, evangelischen Gottesdienst einzuführen, wurden nicht unternommen. Tag und Nacht hielten berittene, schwedische Kuriere die Verbindung zwischen Mainz und Eberbach aufrecht. Ihr Weg führte sie zumeist durch Kiedrich, in dem sie sicher öfters bei gutem Kiedricher Wein Einkehr hielten. Die Legende berichtet sogar, dass der König einmal oder mehrmals in Kiedrich übernachtet habe. Wer hätte damals ahnen können, dass 300 Jahre später, wenige Schritte entfernt vom Weg der Kuriere, eine evangelische Kirche errichtet werden würde, die den Namen des Königs Gustav Adolf tragen sollte.
Neuanfänge und Gründung evangelischer Gemeinden im Rheingau Zur Grundlage einer Neuerweckung evangelischen Lebens im Rheingau wurden dann die umwälzenden Ereignisse zu Beginn des vorigen Jahrhunderts. Während der Napoleonischen Besetzung der Mainzer Lande wurde am 3. Mai 1803 ein Edikt erlassen, welches den Zuzug evangelischer Personen in den Rheingau ermöglichte. Zwar blieb ihre Zahl in den ersten Jahrzehnten klein, aber ihr Wunsch nach gemeindlichem Zusammenschluss und Schaffung einer gottesdienstlichen Stätte war groß und schlug sich in vielen Eingaben und Bittgesuchen nieder. Es kann nicht hier der Platz sein, alle diese Bemühungen im Einzelnen darzustellen. Ein Vorgang, der mit ihnen zusammenhängt, sollte jedoch der Vergessenheit entrissen werden. Er wirft ein bezeichnendes Licht auf die guten interkonfessionellen Verhältnisse, die damals im Rheingau vorlagen. In einem Vertrag vom 14. April 1835 verpachtete der katholische Kirchen- und Ortsvorstand von Kiedrich die Michaelskapelle an die Evangelischen auf die Dauer von 25 Jahren für eine Jahrespacht von 20 Gulden. Die Durchführung dieses Vertrages scheiterte später wohl an den hohen Reparatur- und Unterhaltungskosten, die die Evangelischen hätten tragen müssen. Einen Abschluss dieser Epoche bildete die Errichtung von zwei evang. Kirchen in Rüdesheim und Erbach. Die Rüdesheimer Kirche wurde am 29. Mai 1855 und die Erbacher Kirche am 1. August 1865 eingeweiht. Eine Teilung der bisherigen Rheingauer Gesamtgemeinde in eine Kirchengemeinde des oberen und eine des unteren Rheingaus wurde durchgeführt. Die wenigen Evangelischen, die in Kiedrich wohnten, gehörten seit dieser Zeit zu der des oberen Rheingaus, die später nach Abtrennung von Walluf, Martinstal und Rauenthal den Namen Ev. Kirchengemeinde Eltville-Erbach-Kiedrich erhielt.
Zunahme der Evangelischen in 100 Jahren In den folgenden Jahrzehnten bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges nahm die Zahl der Evangelischen im Rheingau stetig zu; das Ergebnis des Krieges ließ danach durch den Zuzug von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aus dem Osten die Zahl sprunghaft ansteigen. Hier eine kleine Übersicht, welche die Veränderungen aufzeigen möchte. Im Jahre 1825 wohnten etwa 300 "Protestanten" im gesamten Rheingau. Im Jahre 1970 waren es ca. 10.000. Das sind 33 mal so viel wie 150 Jahre vorher.
Ein Blick auf die Entwicklung und Entfaltung evangelischen Lebens, wichtige Daten und Stationen: 03.05.1827 Zustimmung des Herzogs von Nassau (zu dessen Gebiet der Rheingau gehörte) zur Konstitution einer evang. Pfarrei im Rheingau. 24.02.1835 Durch Verfügung des Nass. Staatsministeriums wird der Kandidat der Theologie Ludwig Wilhelm Eibach zum ersten evang. Pfarrer im Rheingau ernannt.
17.05.1835 Erster ev. Gottesdienst im Rheingau seit 300 Jahren in Eibingen. 27.11.1835 (1. Advent) Erster ev. Gottesdienst in Erbach im zum Betsaal umgestalteten Kelterhaus des Schlosses Reinhartshausen.
Umfang und Auswirkungen in Kiedrich In Kiedrich, dem unser besonderes Interesse gilt, lebten nach Ende des deutsch- französischen Krieges 1871 18 Evangelische 1925 117 Evangelische 1946 308 Evangelische 1970 ca. 400 Evangelische
Das heißt: In 100 Jahren hat sich die Zahl der Evangelischen in Kiedrich 22mal vergrößert. Die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge brachten hier wie überall in deutschen Landen nichts mit als ihren Willen, die Hände zu regen für einen Neuaufbau ihrer persönlichen Existenz und den Schatz ihrer Herzen, nämlich den Glauben ihrer Väter. Manche hatten dazu Familienbibel und Gesangbuch retten können. Sie kamen in ein Dorf, das eine altehrwürdige katholische Kirche besaß, in dem es aber keine evangelische gab. Sie gehörten zur evangelischen Kirchengemeinde des oberen Rheingaus mit ihrer "Pfarr- und Mutterkirche" in Erbach. Der Weg dorthin war oft, zumal für die alten Menschen, beschwerlich. So erwuchs in ihnen der verständliche Wunsch nach einer eigenen gottesdienstlichen Versammlungsstätte in Kiedrich. Man war dankbar, dass das St. Valentinus-Krankenhaus die kleine St. Antonius-Kapelle (Hist. Gebäude 23) zur Verfügung stellte, die allerdings kaum 30 Personen aufnehmen konnte. Hier wurde im Monat einmal eine gottesdienstliche Andacht gehalten, in der bei qualvoller Enge immer wieder Besucher "abbauten". Wie kommen wir zu einer eigenen Kirche? Der Wunsch und auch die Notwendigkeit wurden immer größer. Bevor wir den Wegen nachgehen, die zur Erfüllung dieser Sehnsucht führten, wollen wir uns einer Frage stellen, die man wohl im Zusammenhang mit diesem Vorhaben erheben kann. Das Gustav-Adolf-Werk Da tauchte der Name des Gustav-Adolf-Werkes auf. Es ist ein Liebeswerk der evangelischen Kirche, welches sich zur Aufgabe gemacht hat, bedrängten Gemeinden zu helfen. Insbesondere beim Bau gottesdienstlicher Stätten, die sie aus eigener Kraft nicht errichten können. Es trägt seinen Namen nach dem Schwedenkönig Gustav Adolf, der im dreißigjährigen Krieg seinen Glaubensgenossen zu Hilfe geeilt war, um die Sache des evangelischen Glaubens zu retten. Und der dabei 1632 auf dem Schlachtfeld von Lützen den Tod fand. Als 200 Jahre später dort eine Gedenkfeier zur Erinnerung an den gläubigen und tapferen König stattfand, da beschlossen Teilnehmer zum Gedächtnis Gustav Adolfs neben einem steinernem Denkmal ein lebendiges Werk zu gründen. Es sollte ein Werk sein, das bedrängten Glaubensgenossen helfen wollte, ihren Glauben zu bewahren. Das neu gegründete Werk erhielt nach Sitte der damaligen Zeit den Namen Verein, Gustav-Adolf-Verein. Segensströme ergossen sich durch sein Wirken in anderthalb Jahrhunderten bis in die Tiefen Russlands und des süd-östlichen Europas; überall dorthin, wo evangelische Christen in der "Zerstreuung", der Diaspora, Hilfe geistlicher und materieller Art benötigten. Später riefen die Nöte der süd-amerikanischen Christen das Werk auf den Plan. Und ihre Hilferufe fanden und finden Gehör in der Nähe wie in der Ferne, getreu seinem alten Wahlspruch: LASSET UNS GUTES TUN AN JEDERMANN. ALLERMEIST ABER AN DES GLAUBENS GENOSSEN", Gal. 6.10. Auch die evangelischen Christen in Kiedrich erinnerten sich an das, was der Gustav-Adolf-Verein in ihrer alten Heimat bewirkt hatte. Hatte er nicht den Vätern in ihrer Diasporasituation geholfen. Kirchen zu bauen? Sind wir nicht auch eine Diaspora neuer Art? Das Gustav-Adolf-Werk, wie der damalige Verein jetzt hieß, wird uns nicht im Stich lassen, so dachten sie. Und das Werk ließ sie nicht im Stich.
Der Kirchenbau beginnt
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Abb. 3 Gustav-Adolf-Kirche 1965 |
Architekt: BDA Dipl.-Ing. Friedrich SOEDER, Darmstadt
Bauausführung: Firma Christoph Grebert, Kiedrich.
Während der Bauzeit verstarb der Baumeister, Herr Grebert sen.
Die Kirche selbst und das sich anschließende Gemeindezentrum wurde von seinen beiden Söhnen, Josef und Karl-Heinz Grebert, vollendet.
Bau des Turms: Firma Josef König, Assmannshausen
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Aufträge und Planung Der Pfarrer von Erbach (Pfarrer Ufer), der Mitglied des Vorstandes des GA-Werkes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau war, trug dem Vorstand die Absichten der Kiedricher vor und bat um die Hilfe des Werkes durch Ausschreibung und Zuwendung der Konfirmandengabe 1962 für diesen Zweck. Der Vorstand forderte den Schreiber dieses Berichtes auf, seinen Antrag vor der nächsten Abgeordnetenversammlung des Werkes vorzutragen und zu begründen. Das geschah am 5.06.1961 in Büdingen. Der Antrag wurde genehmigt. Eine erste Hürde war genommen. Dieser Antrag und weitere Anträge, vor allem an die Central-Leitung des GAW in Deutschland und die Kirchenleitung in Darmstadt bedurften des Nachweises eines Bauplatzes und eines Bauplanes. Bei der Suche nach einem geeigneten Bauplatz wurde fast die ganze Gemarkung Kiedrich in Augenschein genommen. An ihr beteiligte sich auch eifrig der damalige Bürgermeister des "Gotischen Dorfes" Kilian. Zuletzt fand man eine geeignete Stelle am Ende der Aulgasse, dem Platz auf dem die GA-Kirche jetzt steht. Er gehörte mehreren Grundbesitzern, darunter auch der hiesigen katholischen Kirchengemeinde, die uns sehr entgegenkam. (Parrer und Dekan Wilhelm Klippel setzte sich sehr ein, diesen "katholischen Acker", an die evangelische Kirchengemeinde verkaufen zu dürfen). Um einen Bauplan zwecks Vorlage bei den verschiedensten Stellen vorlegen zu können, wurde ein beschränkter Architektenwettbewerb ausgeschrieben, den der Architekt Soeder, Darmstadt gewann. Entschieden wurde durch eine vom Kirchenvorstand gebildete Baukomission, der neben Kirchenvorstehern ebenfalls der Bürgermeister Kilian angehörte.
Nach dem ebenfalls angenommenen Bauplan sollte die Kirche die Form eines Fünfecks haben, so wie sie heute sich zeigt. In den Debatten der Komission gab es viel Für und Wider, was diese Form betraf. Das Fünfeck der Kirche mit daneben stehendem Turm setzte sich durch. Dieser Stil hat altkirchliche Tradition und ist doch zugleich ein Zeugnis unserer Zeit. Man muß von innen und von außen erkennen, daß man es mit einer Kirche zu tun hat. Nur so erfüllt sie den Auftrag der Dokumentation und Proklamation, von dem wir oben schrieben. Mit der Bewilligung der Konfirmandengabe in Hessen und Nassau 1962 war also ein erster entscheidender Schritt getan. Die Kiedricher hatten sich in der gleichen Zeit an die Centralleitung in Kassel des GA-Werkes gewandt. Die Centralleitung bestimmt über die Verwendung der sogenannten Kinder- und Jugendgabe, die jährlich in den Kindergottesdiensten zum Reformationstag im Bereich der Bundesrepublik erhoben wird. Viele Gespräche führte der Berichterstatter mit maßgeblichen Persönlichkeiten des Werkes in Kassel und Stuttgart. Dazu solche mit der Finanz- und Bauabteilung der Landeskirche.
Anträge an staatliche Stellen wurden gestellt, da mit dem Bau der geplanten Kirche Jugendräume verbunden werden sollten. Ein skizzenhafter Entwurf für einen Aufruf an die Kinder wurde der CL vorgelegt, der in verbesserter Form durch den Präsidenten des Gesamtwerkes an die Gemeinden verschickt wurde, um an die Kinder und Jugendlichen weitergegeben zu werden. Dies konnte natürlich erst geschehen, nachdem von den leitenden Gremien des GAW beschlossen worden war, die Kollekten und Gaben in den Kindergottesdiensten am Reformationsfest 1962 für Kiedrich auszuschreiben.
Anfang und Grundsteinlegung Im Vorgriff auf die zu erwartenden Einnahmen, an denen sich nun ebenfalls die Landeskirche beteiligen wollte, konnten die vorgesehenen Grundstücke erworben und eine Grundsteinlegung vorbereitet werden. Sie fand als Abschluss des großen GA-Festes des Gesamtwerkes in Mainz am 3. Juli 1962 in Kiedrich statt. Im Hofe der Winzerhalle hatten sich viele Einheimische und Gäste. darunter viele Pfarrer im Talar, versammelt. Geleitet vom Posaunenchor Eltville-Erbach zogen die Teilnehmer zum Bauplatz am oberen Ende der Aulgasse. In einer würdigen Feierstunde erfolgte durch Propst Dr. Ernst zur Nieden die Grundsteinlegung und Einmauerung der von Herrn Wambold, Darmstadt, kunstvoll handgeschriebenen Urkunde, deren Text am Ende dieses Berichtes zu lesen ist. Danach hielt Professor Dr. Fritz Haus, Heidelberg, der Präsident des Gustav-Adolf-Werkes West die Festpredigt und Pfarrer Ufer sprach die Gebete. Der Kirchen- und der Posaunenchor Eltville-Erbach umrahmten die Feierstunde, die unter der gleichen Losung stand, unter der das große GA-Fest in Mainz gestanden hatte: WIR LIEBEN DIE BRÜDER.
Urkunde der Grundsteinlegung Heute, Dienstag nach dem zweiten Sonntag nach Trinitatis, am 3. Juli 1962 legen wir den Grundstein zu der Gustav-Adolf-Kirche in Kiedrich im Rheingau. Den Plan entwarf Architekt BDA Dipl.-Ing. Friedrich SOEDER, Darmstadt. In Kiedrich wohnen zur Zeit über 400 Evangelische, von denen die meisten nach dem zweiten Weltkrieg 1939 -1945 als Flüchtlinge hierher kamen. Sie gehören jetzt zur Evang. Kirchengemeinde Eltville-Erbach im Rheingau. Neben ihrer alten Heimat und persönlichem Hab und Gut verloren sie im Osten ihre alten evangelischen Kirchen. Diese Kirche wird erbaut, um ihnen und allen anderen evangelischen Bewohnern von Kiedrich eine neue kirchliche Heimat zu geben, damit sie zusammenwachsen zu einer wahren christlichen Gemeinde. Der Bau dieser Kirche geschieht mit Hilfe des Gustav-Adolf-Werkes der Evang. Kirche in Deutschland. Die Konfirmandengabe 1962 aus Hessen und Nassau und die Kindergabe des GAW am 31. Oktober 1962 aus allen evang. Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland sind für den Bau dieser Kirche bestimmt. Das Gustav-Adolf-Werk will durch diesen Liebesdienst an der neuen innerdeutschen Diaspora einen Dienst fortsetzen, den es einst den Vätern dieser Gemeinde in der außerdeutschen Diaspora gewährte. Die Evang. Kirche in Hessen und Nassau unterstützt die Diasporagemeinde Kiedrich und das GAW bei der Durchführung des Bauvorhabens. Wir stellen den Bau dieses Hauses und alles, was darin geschehen soll, unter das Wort:
Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes denn GOTTES HAUS und hier ist die Pforte des Himmels I. Mose 28,17.
Möge diese Gemeinde in diesem Hause die gnädige Gegenwart des Drei einigen GOTTES erfahren, aus ihr die Kraft zu christlichem Leben empfangen und gestärkt werden zum ewigen Leben.
Ev. Pfarramt Erbach im Rheingau: Ev. Kirchengemeindevertretung Eltville-Erbach im Rheingau: (Die Unterschriften befinden sich auf der Urkunde. Der Dekan des Dekanates St. Goarshausen: dem eingemauerten Der Propst von Süd-Nassau: Original) Kirchenleitung der Ev. Kirch in HuN. Gustav-Adolf-Werk der Ev. Kirche in Hessen und Nassau. Gustav-Adolf-Werk der Ev. Kirche in Deutschland. Der Bürgermeister von Kiedrich.
Bau der Kirche Mit Entwurf und Bauleitung wurde der von der Kirchenverwaltung vorgeschlagene Architekt, Dipl. Ing. Friedrich Soeder aus Darmstadt, beauftragt, mit dem Bau selbst die Firma Christoph Grebert, Kiedrich. Erst war geplant, das Gotteshaus auf der »Dreispitz« (Ecke Sonnenlandstraße-Marktstraße) zu errichten, dann aber muss eine Intuition den Kirchenvorstand bewegt haben, einstimmig zu beschließen, die Kirche auf jenem herrlichen Fleckchen Erde zu bauen, auf dem sie heute steht. Das Bauen konnte beginnen. Bald aber stellten sich Schwierigkeiten ein. Während der Bauzeit verstarb der Baumeister, Herr Grebert sen. Die Kirche selbst und das sich anschließende Gemeindezentrum wurde von seinen beiden Söhnen, Josef und Karl-Heinz Grebert, vollendet, während für den Bau des Turmes eine andere Baufirma gefunden werden musste. Auch diese Schwierigkeiten wurden in kürzester Zeit überwunden und die Firma Josef König, Assmannshausen, mit dem Turmbau beauftragt.
Einweihung und Namensgebung Wir sind in unseren Berichten mit unseren Gedanken schon ein wenig vorausgeeilt und wollen uns nun wieder der Bautätigkeit, die durch die großen Gaben gesichert war, zuwenden. Diese ging langsamer voran als ursprünglich erwartet. Widerwärtigkeiten, wie sie sehr oft beim Bauen auftreten, waren zu überwinden. Endlich konnte am 2.9.1964 im Beisein des Vorstandes des GAW in Hessen und Nassau das Richtfest begangen werden. Die Einweihung des Gotteshauses, das mit seinen Nebenräumen zu einem Gemeindezentrum geworden war, wurde vorbereitet.
Am Sonntag, 2. Mai 1965, der den Namen Misericordias Domini trägt, war der heiß ersehnte Tag gekommen. Es ist seit alters her der Sonntag, der auf das herzliche Erbarmen Gottes hinweist, welches in Jesus, dem Guten Hirten, unter uns erschienen ist.
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Abb. 4 Prozession in der Aulgasse (der Anfang der Prozession geht auf der heutigen Kreuzung Sonnenlandstraße - Aulgasse; Mitte - mit dabei kath. Pfarrer und Dekan Wilhelm Klippel)
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An diesem Sonntag versammelten sich am Nachmittag auf dem alten Schulhof in Kiedrich viele Menschen, die an dem Einweihungs-Festgottesdienst teilnehmen wollten. Unter dem Geläute der Glocken der altehrwürdigen St. Valentinuskirche (die evang. Kirche hatte noch keine Glocken) zogen sie die Aulgasse hinauf zum neuen Gotteshaus. Bläserchöre aus der eigenen Gemeinde Eltville-Erbach-Kiedrich, aus Bornich und Nieder-Walluf begleiteten den Zug durch das festlich geschmückte Dorf. Hinter den vorangehenden Bläsern trugen Kirchenvorsteher die Lutherbibel und die wertvollen Vasa Sacra (das sind die Tauf- und Abendmahlgeräte). Dahinter folgten, geführt von Propst Dr. zur Nieden und Pfarrer Ufer, viele Geistliche, darunter auch der katholische Ortspfarrer von Kiedrich, Dekan Klippel sowie der Vorsitzende des GAW in Hessen und Nassau, Pfarrer P. Zipp. Gießen. Ihnen schloß sich eine große, freudig gestimmte Gemeinde an. Sie sang vor der Kirche das Lied "Lobe den Herren" (234, 1-4) und während der Schlüsselübergabe zusammen mit dem Klang der Posaunen: "Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein" (129, 1). Eine Tageszeitung schrieb später dazu: "Ein feierlicher Augenblick war die Schlüsselübergabe zwischen Propst zur Nieden und Pfarrer Ufer". Im Festgottesdienst, in welchem der Musikkreis Kapitzke und die oben genannten Posaunenchöre neben dem Evangelischen Kirchenchor Eltville-Erbach, der im gleichen Jahr sein 80jähriges Jubiläum feiern konnte, mitwirkten, predigte der Propst über die beiden Psalmworte: "HERR ICH HABE LIEB DIE STÄTTE DEINES HAUSES UND DEN ORT, DA DEINE EHRE WOHNT (Ps. 26,8)" und "ICH FREUTE MICH ÜBER DIE, SO ZU MIR SAGTEN: LASSET UNS INS HAUS DES HERRN GEHEN (Ps. 122,1)". Die Liturgie wurde von Pfarrer Ufer gehalten. In einer Nachfeier überbrachten viele Ehrengäste aus dem kirchlichen und politischen Leben ihre Glück- und Segenswünsche, unter denen die Worte von Pfarrer Zipp und Dekan Klippel besonders zu Herzen gingen.
Nach diesen Feiern traf man sich noch im Gasthaus Krone, um in einem gemütlichen Beisammensein im Gespräch miteinander bei einem Gläschen Wein den Tag ausklingen zu lassen. Auch das gehört im Rheingau dazu. Es war für alle, die diesen Tag miterlebten, ein unvergesslicher, ein gesegneter Tag!
Die Glocken Die Gustav-Adolf-Kirche besaß nun zwar
einen Glockenturm, aber keine Glocken. Für die drei vorgesehenen
mittelgroßen Glocken musste nach einem eingeholten Kostenvoranschlag mit
einem Preis von etwa 12.000,— DM gerechnet werden. Die fehlten jedoch
im Gesamtausgabenplan. Da war es der von uns allen sehr geschätzte
Eltviller Kirchenvorsteher Otto Klaebisch, der uns von seinem
monatelangen Krankenlager im Alpensanatorium Bad Wiessee, das er nach
schwerer Operation hatte aufsuchen müssen, anzeigte, daß er die
fehlenden 12.000,— DM für die Kiedricher Glocken spenden werde.
Daraufhin wurden sie bei der Glockengießerei Rincker, Sinn, in Auftrag
gegeben. Diese Firma hatte auch 1954 die Glocken für Erbach gegossen.
Aus Dankbarkeit gegen den Stifter ließen wir auf jeder der drei
Kiedricher Glocken am unteren Rand den Hinweis anbringen: - Für die
Gustav-Adolf-Kirche gestiftet von Kirchenvorsteher Otto Klaebisch,
Eltville -. Es ist der gleiche Stiftername, den auch eine der Erbacher
Glocken trägt. Der Klang des Kiedricher Geläutes sollte abgestimmt
werden auf das der katholischen St. Valentinuskirche, das vorher auf
Band aufgenommen wurde. Auch das entsprach einem Wunsch des Stifters. In
umlaufenden oberen Schriftbändern sollte in großen Schriftzeichen
stehen:
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auf der großen Glocke EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE auf der mittleren Glocke LAND, LAND, LAND, HÖRE DES HERRN WORT auf der kleinen Glocke LOBE DEN HERRN, MEINE SEELE auf dem Glockenrand EVANGELISCHE KIRCHENGEMEINDE ELTVILLE - ERBACH - KIEDRICH
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Abb. 5 Drei Glocken im Schnee vor dem Einbau in den Glockenturm
Stifter der Glocken: Kirchenvorsteher Otto Klaebisch, Eltville Glockenguß: Glockengießerei Rincker, Sinn Stimmung: d“, f'“, g“ |
Die Glockenweihe So
geschah es. Am 29. Oktober 1965 wurden die Glocken in Gegenwart von
Vertretern der Kirchengemeinde gegossen. Im Gutachten des amtlich
bestellten Orgel- und Glockensachverständigen unserer Landeskirche,
Pfarrer Wissmann, ist über ihre Qualität zu lesen: "Es ist die beste
Glockenbronze zum Guss verwendet worden... Die bestellten Töne sind
genau getroffen. Sie werden also das gewünschte TE DEUM-Motiv d“ f'“
g“ erhalten. Sie (gemeint der KV) haben allen Grund, mit der Leistung
der Fa. Rincker wohlzufrieden zu sein. Am 28. November 1965, am 1.
Adventssonntag, wurden in einem festlichen Gottesdienst die neuen
Glocken von Pfarrer Ufer nach seiner Predigt geweiht und ihrem hohen
Dienst übergeben. Damit hatten die mannigfachen Mühen, aber auch die
großen Freuden, die mit dem Bau der Gustav-Adolf-Kirche zusammenhingen,
ihren krönenden Abschluss gefunden. Sie war zum Dienst bereit. Sie ist ein "Wahrzeichen Gottes in dieser Welt.
Stil und Gestaltung Der
Platz am Ende der Aulgasse war von vier Grundstückseigentümern erworben
worden. Das Grundstück selbst kostete rd. 23.500,— DM, dazu kamen rd.
3.500,—DM Kosten und Gebühren an Finanzamt, Gericht, Kat. Amt und bürg.
Gemeinde. Vom Bauplatz hatte man einen herrlichen Blick auf Kiedrich. Im
Bild: Blick auf die St. Valentinuskirche und links die Ruine
Scharfenstein am Tag der Kirchweihe. Der Turm steht neben der Kirche.
Auf ihn und sein Geläute wollte man nicht verzichten. Auch er ist mit
dem gleichen Material erbaut, den roten Klinkern. Diese weiß verfugten
roten Backsteine verleihen neben der Fünfeckform dem ganzen Kirchbau
sein besonderes Charakteristikum. Vom Turm ergeht, erschallt in die
Gemeinde hinein die Einladung zu den Gottesdiensten und Versammlungen.
Zugleich ist der Turm ein unübersehbarer, gegen den Himmel erhobener
Fingerzeig: "Trachtet nach dem, was droben ist!"
Altar, Kanzel
und Taufstein bestehen aus fränkischem Muschelkalkstein, Fußboden und
Decke des Kirchenraumes aus Holz. Sie erzeugen ein harmonisches Bild.
Wer die Kirche mit ihrer über dem Altar schwebenden Christusgestalt
betritt, verspürt etwas von der Würde und Wärme und Geborgenheit, die
von ihr ausgeht.
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Abb. 6 Altarraum (Holzdecke in Zeltdachform)
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Altar- und Kanzelbekleidung tragen zu diesem Eindruck wesentlich bei. Diese wertvollen Paramente wurden von den Gustav-Adolf-Frauengruppen aus dem hessischen-nassauischen Kirchenbereich gestiftet. Hergestellt wurden sie in Handarbeit in der Paramentenanstalt des Elisabethen-Stiftes in Darmstadt. Besonders bemerkenswert ist das Motiv auf dem Altarantependium. Dort sieht man 12 Kreise, die auf die 12 Jünger Jesu beim letzten Abendmahl des Herrn hinweisen. 11 Kreise sind mit je einem Kreuz gefüllt . Wir werden gefragt, was bist Du? Erfüllt oder leer?
Die Luther-Bibel auf dem Altar stammt aus der Württembergischen Bibelanstalt Stuttgart. Die Abendmahl- und Taufgeräte (Vasa Sacra) sowie das Kreuz über dem Altar sind wertvolle Arbeiten des Gold- und Silberschmiedes Scriba aus Gießen. |
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Abb. 7 Ambo |
Abb. 8 Taufbecken |
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Abb. 9 Orgel
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Die ersten 15 Jahre wurde ein Harmonium benutzt.
Orgelbau: Orgelbauer Günter Hardt, Möttau.
Ausführung: 5 Manual-Register mit angehängtem Pedal. |
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Der Gemeindesaal schließt sich an den Kirchenraum an. Zwei Harmonikatüren verbinden Kirche und Saal. Je nach Bedarf können die Türen geöffnet oder geschlossen werden. Durch große Glasfenstertüren fällt viel Licht in den Saal, aus dem man hinaussehen und hinaustreten kann in den mit grünem Rasen, Blumen, Sträuchern und Bäumen angelegten Kirchgarten. Dieser eignet sich sehr zum geselligen Zusammenkommen und festlichen Feiern. Besonders der Evangelische Posaunenchor Eltville-Erbach, welcher sich um das Gemeindeleben sehr verdient gemacht hat, hat hier manchen Gottesdienst und manches Gemeindefest durch seine Mitwirkung bereichert.
Eine kleine Sakristei als Vorbereitungsraum für den geistlichen Dienst des Pfarrers, eine Teeküche, Garderobe und WC-Anlage gehören zur Einrichtung; im Keller befinden sich neben der Heizungsanlage je ein großer Jugend- und ein Bastelraum. Das Gustav-Adolf-Gemeindezentrum hat sich nun in aller Kürze vorgestellt; um es näher kennenzulernen, muss man es aufsuchen. Es lädt hiermit herzlich ein zu regem Besuch und reger Benutzung! |
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Die Kosten Den Leser dieser Jubiläumsschrift wird es nun wohl auch interessieren, was die Gustav-Adolf-Kirche gekostet hat und woher das Geld zur Bezahlung kam. Wir bringen die Ausgaben und Einnahmen in runden Zahlen. Dabei ist beachtenswert, dass es sich um Vorgänge der Jahre 1962 - 1965 handelt. Ausgaben: DM Baukosten 525.700 lt. Schlussrechnung des Architekten v. 6. 7.65 Baukosten 360 bis 19.07.65 Baukosten 260 bis 31.12.65 Glocken 12.500 Grundstück 27.000 Kaufpreis incl. Grunderw.St. und Gebühren
Gesamtkosten: 565.820 DM
Das Kindergeld Natürlich ist nicht das Kindergeld gemeint, welches Eltern für ihre Kinder aus staatlichen oder anderen Kassen empfangen. Es ist vielmehr umgekehrt. Wir sprechen von dem Geld, das Kinder aufgebracht, zusammengetragen, gespendet haben, um es anderen zu geben zum Bau eines Gotteshauses. Die Kiedricher Evangelischen warteten gespannt auf die Höhe des "Kindergeldes", denn davon hing der Umfang der Baumöglichkeit ab. Und dann kam die große, überwältigende Überraschung. Fast 300.000,— DM brachten die Kinder zusammen. Man bedenke dabei, dass dies im Jahre 1962 geschah und eine D-Mark mehr wert war als heute. Rund 75.000,— DM hatten die Konfirmanden im Bereich der Evangelischen Kirchen Hessen und Nassau gespendet und 225.000,— DM wurden von Kinderhänden im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland in die Kollektenbüchsen gelegt. Für Kiedrich, für den Bau der Gustav-Adolf-Kirche. So darf man zu Recht sagen, ja muss man sagen beim heutigen Anblick dieser Kirche: EINE KIRCHE, VON KINDERN GESTIFTET. Es ist eine eigenartige Tatsache, daß hundert Jahre früher die erste evangelische Kirche, die Pfarr- und Mutterkirche des oberen Rheingaues in Erbach, zu der auch die wenigen Evangelischen Kiedrichs gehörten, einem Kinde ihr Entstehen zu verdanken hatte.
Das sollte uns, die Heutigen, die Beschenkten, nachdenklich machen; so wie wir es im Anfang unseres Berichtes gemeint haben. Dankbar machen und Dankbarkeit praktizieren.
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Literatur: 1000 Jahre Kiedrich, 1979, S. 42/43, Auszug S. 84 Text: GRIMM, Erich , Kiedrich, 1000 Jahre Kiedrich, 1979, S. 42/43, Auszug S. 84 UFER, Erich, Ev.Pfarrer, FESTSCHRIFT zum 25Jährigen Jubiläum der Gustav-Adolf-Kirche in Kiedrich im Rheingau, Auszüge mit Ergänzungen von W. Kremer (kursiv) Foto: Abb.1, 2, Jürgen Haas ( 05/2004 ) Abb. 3, 5, Horst Ritter, Erbach (ca. 1965) Abb. 4 Bruno Kriesel Abb. 6, 7, 8, 9, Werner Kremer (01/2006)
Letzte Aktualisierung: Werner Kremer 20.10.2006, 26.04.2015
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